Zitate


Zitate aus den Jahren 1888, 1895, 1897, 1903, 1904, 1912, 1913

MITMACHEN?!


Schickt uns (erfreuliche) Zitate von/über frauenliebende Frauen und Trans* (Zeitraum 1800 bis 1945) mit Quellenangaben. Am besten mailt ihr uns einen Scan oder eine Kopie des Textes und Nachweises. Dankeschön!



JOHANNA ELBERSKIRCHEN(1864-1943)

EMMA TROSSE, verheiratete Külz (1863-1949)

THEO ANNA SPRÜNGI, unter ihrem Pseudonym ANNA RÜLING (1880-1953)



Emma Trosse, verheiratete Külz (1863-1949) über lesbische Sexualität 1897:


„Ein Ausruf unendlicher Wonne; ein Blick verzehrender Sehnsucht, der auf die Freundin gerichtet ist. Sie zieht dieselbe zu sich, umschlingt sie wild, drückt sie heftig an ihre Brust und bedeckt ihren Mund mit glühenden Küssen, wieder und immer wieder. Die Baronin wehrt die Stürmische zuerst ab, dann gibt sie dem Liebeswerben nach und ein langer, inniger Kuß ist die Antwort ihres Herzens. Herma zuckt in allen Gliedern. Wie ein Blitz durchfliegt es ihren Körper. Jeder Muskel bebt; jeder Nerv zittert. Ein Gefühl unendlicher Seligkeit überkommt sie. ‚Irmgard, ich sterbe!’ Diese legt ihren Arm fester um die Geliebte und drückt sie herzlich, zärtlich an sich. ‚Laß mich sterben!’ fleht die Glückliche, ‚so Arm in Arm, Herz an Herz, Lippe auf Lippe! Irmgard, laß mich sterben an deinem Busen!’ Sanft beschwichtigend fährt ihr die Freundin über Stirn und Haar. Sie wird ruhiger. Nur ihre Brust hebt und senkt sich rasch; der Atem fliegt und das Herz schlägt zum Zerspringen. Dann wird es still, ganz still. Jeder Gedanke schwindet. Bloß das Glücksgefühl bleibt.“


(in: „Ein Weib?“ 1897, S. 96)




Emma Trosse, verheiratete Külz (1863-1949) über den Kampf gegen Diskriminierung und Kriminalisierung 1897:


„Es soll, es muß endlich anders werden! Und kommen wir auch nur langsam vorwärts, es wird eines Tages gelingen. Die Sonne wird voll und hell herniederstrahlen und auch auf die Verachteteten, die Ausgestoßenen ihr erwärmendes und belebendes Licht werfen. Aber dazu bedarf es noch eines mutigen, energischen Kämpfens. Und es ist unserer aller, die wir von dem Unrechte, von der grenzenlosen Härte gegen die Urninge überzeugt sind, Pflicht und Schuldigkeit, das Unsrige, und sei es auch noch so wenig, dazu beizutragen, das Los dieser Unglücklichen erträglich zu machen. Ich muß hier bemerken, daß ich, wo ich das Wort Urning, welches zuerst von Carl Heinrich Ulrichs angewendet wurde, gebrauche, ich dieses im weitesten Sinne nehme. Nicht nur die äußerlich männlichen Personen, sondern auch die weiblichen, wie diejenigen ohne sinnliche Gefühle bezeichne ich mit diesem Ausdrucke, da uns ja leider immer noch die richtige Anwendung des Artikels für das dritte Geschlecht, für die ‚Geschlechtslosen’ fehlt. (3) Freilich sind es nur die ersteren, denen für ihr unverschuldetes Denken und Fühlen eine wirkliche Gefahr droht, die fortwährend das Damoklesschwert der gerichtlichen Strafe über sich hängen fühlen (3/4); aber auch für die übrigen ist das Leben ein andauernder Kampf gegen ein oft absichtliches Nichtverstandensein, gegen alberne Vorurteile, Verleumdungen und Gehässigkeiten jeder Art. Die Männer, so bedauernswert sie auch dastehen, – und vielleicht gerade deshalb, – haben fast zu allen Zeiten ihre Verteidiger gefunden; ja, in manchen Epochen hat man die Freundesliebe sogar mit Bewunderung angestaunt und ihr im weitesten Umfange gehuldigt. (...) Die Frau kam wenig in Betracht. Namen, wie derjenige der berühmten Dichterin Sappho, der hervorragenden Königin Elisabeth von England und weniger anderer glänzen als vereinzelte Sterne. Und doch giebt die Zahl der perversfühlenden Weiber derjenigen der Männer in nichts nach, obwohl wir fast immer nur von letzteren hören. Selbst Krafft-Ebing, der uns eine Reihe Lebensbilder aus seiner eigenen Praxis vorführt, berichtet nur über eine ungleich geringere Anzahl von Fällen, welche die Frauen betreffen. Woher kommt das?“


(in: „Ein Weib?“ 1897, S. 3/4)




Emma Trosse, verheiratete Külz (1863-1949) über Gleichstellung:


„Verlangt die Frau Gleichstellung, räumen wir ihr dieselbe ein; so muß sie sich auch alles, was sich aus derselben ergiebt, gefallen lassen. Sie darf sich nicht drehen, wie es ihr beliebt, nicht wünschen, daß sie heute diesen, morgen von jenem Standpunkte aus behandelt wird; sie muß nicht verlangen, daß man sie ferner mit Glacéhandschuhen anfaßt, daß man ihr die Ehrfurcht und Schonung entgegenbringt, welche uns unsere Manneswürde, unsere angeborene Ritterlichkeit dem Schwächeren und Unterdrückten gegenüber vorschreibt. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!“


(in: „Ist ‚freie Liebe’ Sittenlosigkeit?“ 1897, S.14)




Emma Trosse, verheiratete Külz (1863-1949) über Diskriminierung:


„Der Konträrsexualismus ist gleichmäßig vergeben. Hat man sich nun einmal daran gewöhnt, das Natürliche zu nehmen, nicht mehr als Ausnahme zu betrachten, das Spötteln, Bekritteln und Lachen da aufzugeben, wo es schlecht und falsch angebracht ist, mit alten, unberechtigten Vorurteilen zu brechen; so wird es für das starke Geschlecht nicht mehr peinlich sein, sich von dem schwächeren ernähren zu lassen.“


(in: „Der Konträrsexualismus“ 1895, S. 30)




Theo Anna Sprüngli (1880-1953) als Rednerin „Anna Rüling“ über Frauenbewegung und Homosexualität 1904


„Die Frauenbewegung ist eine kulturgeschichtliche Notwendigkeit!


Die Homosexualität ist eine naturgeschichtliche Notwendigkeit, sie bedeutet die verbindende Brücke, den naturgemäßen und selbstverständlichen Übergang zwischen Mann und Weib. Das ist heute für die Wissenschaft eine feststehende Tatsache, gegen die sich Ignoranz und Unduldsamkeit vergebens sträuben. (...)



Den Frauen droht kein peinliches Gericht und kein Zuchthaus wenn sie ihrem angeborenen Liebestriebe folgen. Aber der seelische Druck, unter dem die Urninden stehen, ist ebenso schwer, ja noch schwerer, als das Joch, unter dem ihre männlichen Leidensgefährten seufzen. Sie sind für die nach dem äußeren Scheine urteilende Welt um vieles auffallender als selbst der weibischste Urning. Sie werden nur zu oft von moralisierendem Unverstand mit Spott und Hohn überschüttet.



Für unser gesamtes soziales Leben aber sind die urnischen Frauen von mindestens ebenso hoher Bedeutung wie ihre männlichen Gefährten, denn sie beeinflussen, auch ohne daß von ihnen geredet wird, unser Leben in mannigfaltiger Weise. Wenn man sich die Tatsachen vor Augen hält, wird man bald zu dem Schlusse kommen, daß sich Homosexualität und Frauenbewegung nicht gegensätzlich gegenüberstehen, sondern daß sie vielmehr dazu bestimmt sind, sich gegenseitig zu Recht und Anerkennung zu verhelfen und die Ungerechtigkeit, die sie verdammt, aus der Welt zu schaffen. (...)



Die Frauenbewegung erstrebt die Anerkennung der lange mißachteten Frauenrechte; sie kämpft namentlich für möglichste Selbständigkeit und rechtliche Gleichstellung der Frau mit dem Manne innerhalb und außerhalb der Ehe. (...)



Und in der Tat – von den ersten Anfängen der Frauenbewegung an bis zum heutigen Tage – sind es zum nicht geringen Teil homogene Frauen gewesen, die in den zahlreichen Kämpfen die Führerschaft übernahmen (...).



Ich kann und will keine Namen nennen, denn so lange in vielen Kreisen die Homosexualität noch als etwas Verbrecherisches und Naturwidriges, im besten Falle als etwas Krankhaftes gilt, könnten sich Damen, welche ich als homosexuell bezeichnen wollte, beleidigt fühlen. Überhaupt gebietet es Anstand und Pflicht, nicht indiskret zu sein und die edlen Liebesgefühle einer urnischen Frauenrechtlerin gehören so wenig vor das Forum der Öffentlichkeit, wie Empfindungen Heterosexueller. Wer die Entwickelung der Frauenbewegung auch nur oberflächlich verfolgt hat, (...), der wird, wenn er nur einen Funken Verständnis für homosexuelle Zeichen hat, die Urninden unter den Frauenrechtlerinnen bald herausfinden und er wird erkennen, daß nicht die Schlechtesten unter ihnen sind. (...)



Die Frauenbewegung soll daher die homosexuelle Frage nicht zu einer besonderen Wichtigkeit erheben, sie braucht nicht auf Markt und Gassen gegen die ungerechte Bewertung der Uranier zu predigen, – sie könnte dies gar nicht, ohne sich tatsächlich zu schaden – ich verkenne diese Seite der Sache absolut nicht; sie braucht nichts weiter zu tun, als der homosexuellen Frage den gebührenden Platz einzuräumen, wenn sie über die geschlechtlichen, ethischen, wirtschaftlichen und rein menschlichen Beziehungen der Geschlechter zueinander spricht. Das kann sie; und damit kann sie auch langsam und ohne viel Geschrei aufklärend wirken.“


(in: „Welches Interesse hat die Frauenbewegung an der Lösung des homosexuellen Problems?“ Vortrag 1904, Dokumentation 1905, S. 118; 119; 131; 132; 134)




Johanna Elberskirchen (1843-1943) über Diskriminierung von Homosexualität 1904:


„Sind wir Frauen der Emanzipation homosexual – nun dann lasse man uns doch! Dann sind wir es doch mit gutem Recht. Wen geht’s an? Doch nur die, die es sind.“


(in: „Was hat der Mann...“ 1904, 3. Aufl. S. 9)


„Ich protestiere dagegen, daß der Homosexuale eo ipso als Psychopath, als entartetes, demoralisiertes, minderwertiges Subjekt gebrandmarkt wird. (…) Fort mit allen durch Heuchelei oder Unwissenheit oder Arroganz gesetzten Suggestionen. – man messe den Homosexualen sozial mit demselben Maß, wie den Heterosexualen (…). Man gebe dem Homosexualen, was ihm gehört: seinen vollen Menschheitsrang!”

(in: „Die Liebe des Dritten Geschlechts“ 1904, S. 38)

Ausstellungswand im Schwulen Museum in Berlin

Ausstellungswand im Schwulen Museum in Berlin



Johanna Elberskirchen (1864-1943) über Feminismus und Frauenrechtlerinnen und Frauenbewegung 1888 und 1912/1913:


„Die Frauenemanzipation veredelt das Geschlecht in j e d e r Beziehung! Mag sie ihm seinen sogenannten schönsten Schmuck, die sogenannte Weiblichkeit nehmen, sie reicht ihm dafür den schönsten Schmuck, den es auf der Gotteswelt giebt: Die Menschlichkeit, die Sittlichkeit. Weiblichkeit – was ist das? Eine Dummheit. Wir brauchen keine Weiblichkeit! Seien wir echt menschlich echt sittlich. Das ist weit mehr als dieses fatale 'weiblich'.“


(in: „Deutsche Schriftsteller-Zeitung“ 1888)


„Noch einmal: Die Frauenemanzipation ist ein Heiliges, auf dessen Altar die ewige Lampe der Ethik glüht und das jede etwas auf sich und ihr Geschlecht haltende Frau nach Kräften fördern sollte.“


(in: „Deutsche Schriftsteller-Zeitung“ 1888)


„Der reine Feminismus ist nolens volens radikal. Notwendig schließt er (...) Mäßigung, Beschränkung, Halbheit aus. Feministisch sein heißt keineswegs un à tout prix ein Recht für eine kleine Anzahl Frauen auf Kosten der anderen Frauen ergattern zu wollen – feministisch sein, das heißt immer nur für Gesamt-Befreiung des gesamten weiblichen Geschlechts kämpfen.“


(in: „Frauenstimmrecht“ 1913)


„Als Frauenrechtlerin müssen sie alle radikal, demokratisch denken, fühlen, handeln. Wir gehören alle zusammen! Wir haben alle ein Interesse, sind alle solidarisch verbunden durch Zweck und Ziel der Frauenbewegung: Gleiches Recht für alle!“


(in: „Zur Reaktion...“ 1912)


„Denn, was ist denn dieser Kampf [der Frauenbewegung allgemein] im tiefsten Grunde anders [sic], als eine Teilerscheinung des großen, gewaltigen Kampfes, der den ganzen Erdball umspannt, des Kampfes aller menschlichen Kreatur um Menschwerdung – ein Kampf gegen Rückständigkeit, gegen den Egoismus, gegen die Reaktion!“


(in: „Der Prellstein...“ 1912, S. 150)


„Die Frauenbewegung braucht wie jede fortschrittliche Bewegung ganze starke Menschen mit ganzer Sittlichkeit, mit starker Geistigkeit, die fähig sind, für ihre Sache bis in die innerste Seele zu erglühen und für sie zu kämpfen mit der Unerschrockenheit und Furchtlosigkeit freier, vornehmer Geister.“


(„Ueber Ziel und Aufgaben der Frauenstimmrechtsorganisationen“ 1912)


„Alle unsere Chancen liegen links, nicht rechts.“


(in: „Der Prellstein...“ 1912)


„Die Befreiung der Frau kann nur das Werk der Frau selbst sein! Nicht einer politischen Partei! Nicht einer besitzenden Frauenklasse! Alle, die Masse der Frauen muss sich organisieren und kämpfen, muß sich sozial und politisch bilden, um sich von inneren und äußeren Fesseln zu befreien. Ohne die innere Befreiung keine tatsächlich äußere. Nur wenn die inneren Ketten, die Seele und Intellekt der Frau mehr noch als beim Manne fesseln, durch Wissen und Schulung zersprengt sind, kann die Frau als politischer und sozialer Machtfaktor in Erscheinung treten.“


(in: „Frauenstimmrecht“ 1913)




Johanna Elberskirchen (1843-1943) über Wissenschaft und Feminismus 1903:


„Ich hätte auch schreiben können, Feminismus und Schwachsinn, denn die Kritik, die im Namen der Wissenschaft am Feminismus verbrochen wird, hat oft mit Wissenschaft wenig zu tun.”


(in: „Feminismus“ 1903, S. 3)


„Meiner Ansicht nach sind die Herren Gelehrten, insbesondere die Herren Naturwissenschaftler und die Herren Mediziner die ungeeignetsten Leute, sich kritisch mit dem Feminismus zu befassen. Sie stehen dem Weibe zu persönlich und zu materialistisch gegenüber und beurteilen es aus einer ganz schiefen und recht beschränkten Perspektive, jedenfalls von ganz unwissenschaftlichen Standpunkten aus.“


(in: „Feminismus“ 1903, S. 3)